Spuren im Wein

Das Weinfass: die wichtigste Nebenrolle im Weinkeller

Wir machen Wein. Oder vielmehr: Seit über 20 Jahren begleiten wir Trauben auf ihrem Weg in die Flasche. Denken nach, wie wir alles noch besser machen können, lernen Tag für Tag dazu. Vom ersten Augenblick an war klar, dass wir als Waldbesitzer unser Privileg für den Wein nutzen werden: Weinfässer aus eigenen Eichen! Wie schön das klingt, wie stimmig das ist, wie gut es sich anfühlt.
Einmal geerntet, verwandeln sich die Trauben jeden Tag. Vieles von dieser Verwandlung findet in der Ruhe statt, in der Geborgenheit eines Weinfasses. Es schützt, bietet Ruhe und Raum für Entwicklung. Und es hinterlässt seine Spuren im Wein. Eine Spurensuche.



Es war eine Richtungsentscheidung: In Manincor vergären die Weine ausschließlich im Holz. Eine Entscheidung, die uns leicht gefallen ist; ist sie doch eine logische Konsequenz unserer biodynamischen Arbeitsweise im Weinberg.

"Mein ganzes Leben steht im Zeichen des Elementes Holz. Ich bin im Wald aufgewachsen, habe eine Tischlerausbildung gemacht, liebe Holz mit allen Sinnen."

Michael Graf Goëss-Enzenberg

Warum Holz
Wenn wir in der Biodynamie danach streben, das uns überlassene Land auf nachhaltige, freundliche Weise zu bearbeiten und einer größtmöglichen Vielfalt an Lebewesen ein gutes Auskommen zu ermöglichen; wenn wir uns beständig Gedanken darüber machen, wie wir unser Handeln in Einklang mit der Natur bringen; wenn wir die Möglichkeit haben, auf eigene Ressourcen zurückzugreifen – dann ist unsere exklusive Entscheidung für die Arbeit mit Holz nicht nur nachvollziehbar, sondern geradezu logisch.

Eine Liebesheirat
Als biodynamisch arbeitender Betrieb achten wir auf jeden Einfluss, dem unser Wein ausgesetzt ist und tun alles, um die ideale Umgebung für den Wein zu schaffen – wie Besucher in unserem Weinkeller wissen.
Behälter und Wein treten in eine besonders intensive Beziehung, die die Qualität des Weines wesentlich beeinflusst.
Unsere Überlegungen: Holz ist ein lebendiges Material. Kaum jemals hat es sich zu Ende entwickelt (das Ächzen und Knacken, ja, das Krachen von Holzböden in alten Bauernhäusern!). Es wächst langsam, und es dauert lange, bis man es nutzen kann. Holz „lebt“ in einer anderen Zeitrechnung als wir Menschen. Über Jahrzehnte nehmen Bäume Nährstoffe aus dem Boden auf, sind dem Wetter ausgesetzt, erleben Klimaveränderungen.

Verwandtschaft
Holz ist den Trauben nahe: Auch die Trauben nehmen Nährstoffe aus dem Boden auf, leben von Luft, Sonne, Wasser, gedeihen symbiotisch mit dem Holz der Reben.
Ein Holzfass ist freundlich zu den Trauben, harmonisch und ausbalanciert. Es umfängt, beschützt sie, bietet Raum zur Entwicklung und zum Atmen. Holz und Wein haben den gleichen Rhythmus.

Önologische Aspekte
Als Holzart für unsere Weinfässer kommt nur Eiche in Frage. Es wird viel herum probiert, der eine schwört auf dieses, der andere auf jenes. Für uns zählt einzig die Qualität.
Eichenholz ist engporig und bringt den Wein mit exakt der richtigen Menge Sauerstoff in Berührung, damit er sich zur Reife entwickeln kann; gleichzeitig bleibt die Oxidation im Rahmen. Eichenholz ist warm und hart zugleich; es löst sich nicht auf.
Es hat ein Maximum an Vitalität und zugleich Harmonie. Ein gesunder, ausbalancierter Austausch zwischen Holz und Wein kann stattfinden. Wir arbeiten beständig daran, in unseren Weinen das richtige Verhältnis zwischen Jugendlichkeit und Reife zu treffen.
Eichenholz gibt dem Wein die besten Geschmacksnuancen und ist das nobelste Fassholz. Unser Ziel ist es immer, dass die Frucht betont wird und die Weine komplex aber elegant sind. Im Holz bleibt der Wein offen, bekommt Raum zur Entwicklung, im Edelstahl wird er leicht verschlossen und fixiert.
Das Alter des Weinfasses kann den Wein wesentlich beeinflussen: Neues Holz gibt oft Tannine ab und beeinflusst damit wesentlich das Mundgefühl. Wir verwenden Fässer aus langsam gewachsenen Eichen, die durch ihr engporiges Holz den Weingeschmack nur sehr dezent beeinflussen. Manincor-Weine sollen bei sich bleiben und alles, was in den Trauben schon angelegt ist, bewahren.

Unsere Weißweinfässer
In Größe, Form und Dicke der Dauben haben wir Verschiedenes ausprobiert. Das Ergebnis ist: Unsere Weißweine kommen in Ovalfässer mit einer Größe von 12 bis 20 Hektoliter. Im Ovalfass herrscht eine eigene Dynamik der Trubstoffe, die für unsere Weine vorteilhaft ist.
Manincor- Weißweine bleiben sieben bis zehn Monate im Holz. Ihre ganze Entwicklung findet im Eichenfass statt: Der frisch gepresste Saft kommt ins Fass, vergärt und reift zum Wein.
Die heikelste Phase ist die Gärung, besonders wenn man sich, wie wir auf die traubeneigenen Hefen verlässt. Gerade bei der Spontangärung ist das Holzfass mit seinen Poren und den wärmeisolierenden Eigenschaften von Vorteil. In diesem lebendigen Medium laufen die Naturprozesse einfach dynamischer ab.
Die ganze Zeit bleiben die Weine dabei auf der Hefe; nur einmal wird von Fass zu Fass abgestochen, um dabei die grobe Hefe zu entfernen.
Von Jahr zu Jahr haben wir unseren Bestand an Weißweinfässern aufgestockt. Mittlerweile haben wir 56 und können nun endlich alle unsere Weißweine im Holz ausbauen.

Unsere Rotweinfässer
Rotwein wird bei uns in konischen Holzgärbottichen vergoren. Diese Form erleichtert das Tauchen des Tresterkuchens während der Gärung. Die Schalen bleiben lockerer und gelöster im Saft; so können wir auf schonendste Art Farbstoffe und Tannine extrahieren.
Wie beim Weißwein arbeiten wir auch beim Rotwein ausschließlich mit Spontanvergärung. Mit dem Holzfass bleiben wir im Lebendigen, Organischen; es ist besser geeignet, gute Bedingungen für den natürlichen, lebendigen Prozess der Spontanvergärung herzustellen.
Nach der Gärung gehen die Jungweine für ein paar Wochen ins Betonfass, um gleich nach dem biologischen Säureabbau erneut ins Holz zu kommen. Jetzt aber ins Barrique, das mit seinen 228 Litern das ideale Fass für die Reifung großer Rotweine ist.
Resultat sind komplexe Weine, deren Terroir deutlich zu schmecken ist. Die Lebendigkeit des Holzes schält das Potenzial des Weines heraus.
Wir belassen unsere Rotweine für 12 bis 20 Monate im kleinen Fass; wenn der Wein erste Reife erreicht hat, machen wir die Assemblage indem wir die einzelnen Fässer in großen, bis zu 6.000 Liter fassenden Holzfässern zusammen bringen. Dort bleibt der Wein für einige Monate. Nun geht alles viel langsamer vor sich. Erst wenn die einzelnen Fässer harmonisch zusammengefunden haben, füllen wir den Wein in Flaschen.
In der Flasche soll sich der Reifeprozess vervollkommnen, nun aber extrem langsam unter fast vollständigem Ausschluss von Luftsauerstoff. Unsere Weine profitieren immer von einigen Jahren Flaschenlagerung und erreichen sukzessive eine zunehmend komplexe Finesse.

Wald und Bäume
Unser eigener Wald ist eine Ressource, mit der wir sorg- und sparsam umgehen. Bei der Nachzucht arbeiten wir in erster Linie für unsere künftigen Generationen: Eine Eiche hat zwischen 50 und 80 Jahren, wenn sie für den Fassbau gefällt wird. 20 % einer Eiche kann man für ein Barrique verwenden, die restlichen 80 % sind Brennholz.
Alle Bäume, deren Holz wir verwenden, sind wild gewachsen. Unsere eigenen Eichen wachsen rund um die Leuchtenburg am Kalterer See, in Sichtweite von Manincor.
Es ist Winter 2015, während des letzten abnehmenden Mondes in diesem Jahr: Nach Wochen sorgfältiger Prüfung steht fest, welche Eiche wir dieses Mal aus unserem Wald nehmen werden. Graf Michael ist dabei, als eine Forstmannschaft an einem kalten Wintermorgen den Baum, der an einer unzugänglichen Stelle steht, schneidet.
Nichts überlassen wir dem Zufall: Der Baum muss das richtige Alter haben und möglichst gerade gewachsen sein. Als Zeitpunkt kommt nur ein Tag während des letzten abnehmenden Mondes im Jahr in Frage. Eine Phase der Ruhe in der Natur, in der sich die Säfte und Kräfte der Pflanzen zurückziehen und sammeln. Holz, das um diese Zeit geschnitten wird, trocknet besser, behält seine Integrität und entwickelt als Weinfass elegante Geschmacksnuancen.

Wie aus dem Baum ein Fass wird
Noch im Wald befreien die Forstarbeiter unsere Eiche von Ästen und Rinde. Mit guten Gerätschaften, starken Seilen und viel Geschick transportieren sie den Baum aus dem Wald ab.
Der Stamm wird in Faserrichtung gespalten, dann zu Brettern gesägt und in unserem Hof luftig aufgestapelt. Drei Jahre lang lassen wir das Holz in Ruhe im Freien reifen.
Unser eigenes, aufwändiges Stapelsystem ist uns sehr wichtig. Wir stapeln die Bretter locker wie einen Kamin übereinander: So ist wirklich ein Jedes rundum den Elementen ausgesetzt, Regen, Sonne, Schnee und Wind.
Alle groben, bitteren Stoffe des Holzes werden auf diese Weise eliminiert, und die Fässer brauchen nur eine leichte Toastung. Das Alles mit dem Ziel, dass der Wein die erste Geige spielt.
Noch ist dieses Holz nicht ausgereift. Wenn die Zeit gekommen ist, bringen wir es zu Franz Stockinger, dem Fassbinder unseres Vertrauens. Er kennt uns, weiß, wie wir arbeiten und geht entsprechend an die Produktion der Fässer heran. Mehrere Male im Jahr kommt er zu uns ins Weingut, um Wein zu probieren und die Qualität der Fässer im Zusammenspiel mit den Weinen zu beurteilen.
Auch unsere anderen Fasslieferanten kommen mindestens einmal im Jahr zu uns, um zu verkosten und unsere Weine und unsere Philosophie zu verstehen. So sind alle unsere Fässer auf unsere Weine abgestimmt, unterstützen ihre Entwicklung, halten sich aber im Geschmacksbild dezent zurück.
Die eigentliche Arbeit des Fassbinders verlangt handwerkliche Perfektion. Er schneidet und hobelt die Dauben mit einer zweifachen Rundung (vertikal und horizontal). Mit Hilfe eines Metallringes werden sie dann aneinandergefügt, weitere Reifen sorgen für Stabilität.
Um die Dauben biegsam zu machen und das Aroma des Holzes zu aktivieren, wird das künftige Fass mit den losen Daubenenden über ein offenes Feuer gestellt. Zugleich befeuchtet der Fassbinder das Holz von außen mit Wasser und zieht das Fass mit einer Metallschlinge immer weiter zusammen. Wenn die Dauben auch am unteren Ende einen perfekten Kreis bilden, wird wieder ein Metallring übergeschoben.
Bei der Bestellung von Weinfässern wird neben der Größe auch die Toastung angegeben. Die Toastung beschreibt die Stärke des Feuers, dem die Fassdauben ausgesetzt werden. Wir in Manincor bevorzugen Fässer mit einer eher niedrigen Toastung.
Zum Schluss werden Boden und Deckel eingesetzt und das Spundloch eingefräst.
Bis es soweit ist, werden viele Monate vergehen. Frühestens im Winter 2018 wird Franz Stockinger unsere Eiche von 2015 verarbeiten; wir rechnen mit zehn Fässern.
Etwas mehr als 20 % unserer Barriques können wir aus eigenem Eichenholz herstellen lassen. Das freut uns: So bekommt der Wein noch mehr territorialen Charakter, der Produktionskreislauf wird klein gehalten und ist in sich geschlossen. Unsere restlichen Fässer kommen von renommierten Tonneliers, unter anderem natürlich auch aus Frankreich.

Spuren vom Wein
Nach langen Jahren, wenn unsere Barriques als Weinfässer ausgedient haben, verarbeiten wir sie weiter zu Weinregalen, Stühlen, Blumentöpfen und Anderem oder zu guter Letzt zu Brennholz. Natürlich sieht man dem Holz sein „Vorleben“ an: Die Spuren sind weinrot!

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