Handarbeit

Rückblick: Das Weinjahr 2022

Helmuth Zozin - Direktor

2022 war ein außergewöhnliches Jahr, in dem uns die Realität der Klimaerwärmung vor Augen geführt wurde. Das Jahr war geprägt von Wärme und Sonne, bei uns zum Glück begleitet von ausreichend Regen genau zu den richtigen Momenten.
Das Jahr hat trocken und warm begonnen. Der Austrieb war mit Anfang April normal. Der sehr warme Frühling beschleunigte das Wachstum jedoch dermaßen, dass wir bereits zur Blüte von einem frühen Jahr ausgehen konnten. Der Sommer war dann außergewöhnlich sonnig und warm, brachte aber genau zum richtigen Zeitpunkt immer wieder genügend Niederschläge.

Die Reben entwickelten sich nahezu perfekt, Blätter und Trauben waren gesund. Aufgrund der trockenen Verhältnisse blieben die Beeren klein und erfüllten damit die Grundvoraussetzung für einen guten Jahrgang.
Einziger Wermutstropfen war ein Hagelschlag Anfang Juli, der vor allem unsere Rotweinlagen am See und in Manincor getroffen hat. Wie immer nach Unwettern haben wir die Reben nach biodynamischen Richtlinien behandelt. Zuerst mit Kamillentee und dann mit den dynamisierten Präparaten.
Es ist immer wieder erstaunlich, wie positiv unsere Reben darauf reagieren. Je nach Weinberg haben uns 10 bis 30 % an Menge gefehlt, aber qualitativ gesehen mussten wir keinerlei Einbußen hinnehmen. Brennnesseltee, Kamillentee, Ackerschachtelhalmtee, dynamisierter Hornmist und Hornkiesel sehen wir mittlerweile als Routine, um unsere Reben zu Gesundheit, Vitalität und perfekter Reife zu stimulieren.
Nach Hagelschlägen wird uns jedes Mal besonders bewusst, welche erstaunliche Wirkung die biodynamischen Präparate in einem ökologischen Gesamtsystem haben. Sie bewirken, dass sich die Reben schneller erholen und in ihrem Jahresrhythmus bleiben, als wäre nichts passiert.

»Das durchgehend stabile, schöne Wetter hat es uns erlaubt, Weinberg für Weinberg genau zum richtigen Zeitpunkt zu ernten.«

Ende Juli, Anfang August, als es besonders trocken wurde, hatten wir erstmals ein wenig Bedenken, ob unsere Reben die Trockenheit gut überstehen würden. Der jahrelange Humusaufbau über Kompostgaben und vielfältige Begrünung haben die Resilienz mittlerweile aber dermaßen gestärkt, dass unsere Weinberge keinerlei Stresssymptome zeigten. Dieser spezielle Sommer hat uns gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Am 26. August haben wir mit der Lese begonnen, ähnlich früh wie 2007, 2009 und 2017. Das durchgehend stabile, schöne Wetter hat es uns erlaubt, Weinberg für Weinberg genau zum richtigen Zeitpunkt zu ernten. Der Aufwand für die Selektionsarbeit war dieses Jahr gering, nur einzelne Beeren mussten hie und da herausgezupft werden.
Angefangen haben wir wie üblich mit den Weißweintrauben in Terlan. Sauvignon Blanc, Chardonnay und Weißburgunder konnten wir ebenfalls punktgenau in den Keller bringen: mit gelber Schale, fruchtiger Aromatik und stimmigen Säure- und Zuckerwerten.
In dieser ersten Lesephase haben wir ausschließlich morgens von 6 bis 12 Uhr gelesen, um die Trauben kühl in den Keller zu bringen. Ein positiver Effekt ist, dass sich so auch der Energieaufwand für unser Kühlhaus in Grenzen hält. In die Presse kommen unsere Weißweintrauben nämlich mit weniger als 10 °C. Das unterstützt unser erklärtes Ziel: Weine mit Finesse und Eleganz.
Der Most kommt dann ungeklärt in die Holzfässer, wo ganz von allein nach ein bis zwei Wochen die Spontangärung einsetzt. – Was jedes Jahr wieder eine Herausforderung ist, da wir absolut trockene Weißweine anstreben. Die Gärungen dauern oft bis Weihnachten und manchmal bis in den nächsten Sommer. Komplexität und unverwechselbarer Terroir-Charakter belohnen uns aber meist für das Risiko.

Ein besonderes Vergnügen war heuer die Lese unserer Pinots. Die Trauben waren schön wie noch nie und versprechen sehr guten Mason und großen Mason di Mason. In dieser Tonart ging es mit Vernatsch, Lagrein, Merlot, Syrah, Cabernet Franc und Goldmuskateller weiter. Mit dem Petit Verdot haben wir schlussendlich am 12. Oktober die Lese abgeschlossen. Erfreulich: Die Qualitäten liegen zwischen sehr gut und ausgezeichnet.
Ob man von einem Jahrhundertjahrgang sprechen kann, kann ich noch nicht beurteilen. Für uns gehört 2022 aber schon jetzt zum Besten, was wir je in den Keller gebracht haben. Besondere Freude macht mir die Kombination von exzellenter Aromareife mit relativ moderaten Alkoholwerten und knackiger Säure.

Unsere Weißweine zeigen sich gelbfruchtig und zugleich mineralisch frisch, am Gaumen kräftig mit absolut vertikaler Struktur. Die Roten sind von reifen Fruchtaromen wie Kirsche, Johannisbeeren, Tarocco Orangen, Brombeeren und Holunderbeeren geprägt. Reichlich reifes Tannin gibt im Mund eine dichte Struktur, die jedoch immer saftig bleibt. Die ersten Anzeichen sind also durch die Bank positiv. Wir dürfen uns auf einen großen Jahrgang mit einer etwas kleineren Menge freuen.

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