Die Weinrebe: Mutter unserer guten Weine

Die „Edle Weinrebe“, wie sie bürgerlich heißt, ist das Zentrum unserer Welt in Manincor. Sie verkörpert das mütterliche Prinzip: Sie gibt, hält, hegt, nährt, versorgt, rettet. Nach getaner Arbeit tritt sie in den Hintergrund und lässt ihre Kinder in das Rampenlicht. Sie vermittelt zwischen Boden, Luft und Frucht, holt mit Geduld und Fantasie alles aus ihnen, was die Beeren brauchen. Dann zieht sie sich zurück, ruht, sammelt Kräfte, verwandelt sich, lässt Säfte aufsteigen und weint im Frühling Rebtränen, bevor sie neues Leben gebiert: feinste, zartgrüne, leuchtende Blätter. Mit den Sonnenstunden folgen den kräftigen Blättern die Blüten und dann die Trauben. Es ist ein wahrer Kraftakt, den die Rebe vollbringt. Im Winter graubraun, holzig und unscheinbar, im Sommer voller Beeren, sinnlich, prall, lebensbejahend, ein großes Geschenk.
Helmuth Zozin, Weingutsdirektor von Manincor, innig vertraut mit unseren Weinreben, über ihre Biologie, über feinstoffliche Prozesse und unseren Begriff von alten Reben.

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Großer Wein ist Charakterwein auf höchstem Qualitätsniveau und eindeutig seinem Terroir zuzuordnen. Er ist die Essenz der perfekt reifen Frucht und spiegelt das Zusammenspiel von Rebstock, Boden, Klima, Jahrgang, bäuerlichem Handwerk und Wesen des Winzers wider.
Die Rebe ist unser wichtigster Partner im Streben nach Qualität; sie ist der real gewordene, sinnliche Ausdruck landwirtschaftlicher Individualität.
Stark und vital, ausgeglichen und in sich ruhend – so sollen die Reben in Manincor sein. – Eine Quadratur des Kreises und damit unsere größte Herausforderung!
Ihre Wurzeln sollen tief in die Erde reichen, um auch langanhaltender Trockenheit zu trotzen. Gleichzeitig soll das Wachstum nicht überborden, Beeren und Trauben sollen klein bleiben.

Den Kopf im Boden
Der „Kopf" der Pflanze ist ihr Wurzelwerk, und mit diesem steckt sie im Boden. Seit der Reblausepidemie Ende des 19. Jahrhunderts werden unsere alten europäischen Kulturreben auf amerikanische Unterlagsreben gepfropft. Diese sind mit ihrem Wurzelsystem für die Reblaus ungenießbar und damit resistent.
Der so veredelte Rebstock ist weniger robust als ein wurzelechter Rebstock aus einem Stück. Umso wichtiger ist es, dass die Wurzeln stark und von lebendigem Erdreich umgeben sind.

Zusammenarbeit unter Tage
„Stark“, das heißt mannigfach verzweigt und tiefgehend, „lebendig“ meint humusreich mit vielfältigem Bodenleben. Im lebendigen Weinbergboden leben Milliarden von Mikroorganismen tausender Arten. Diese arbeiten mit den Wurzeln der Pflanzen symbiotisch zusammen und geben ihnen im Austausch mit Kohlenhydraten mineralische Nährstoffe ab.
Es ist ein komplexes Netzwerk biologischer Zusammenarbeit, das alle Beteiligten stärkt. Die Reben organisieren so effizient ihre Nährstoffzufuhr – eine Prämisse für Widerstandskraft und ein langes Leben.

Feinstoffliches Wirken
Sind die Reben von Manincor in ein derartig gesundes Ökosystem integriert, sprechen sie besonders gut auf biodynamische Präparate an. Die Naturkräfte müssen ganzheitlich zusammenspielen, damit Biodynamie feinstofflich wirken kann.
Biodynamische Präparate geben Impulse für ein harmonisches Wachstum. So wirken Kompostpräparate über den Humus des Bodens auf das symbiotische Zusammenwirken von Rebwurzeln und Bodenlebewesen.

Wenn Reben meditieren
Hornmist und Hornkiesel, die zwei wichtigsten Präparate der biodynamischen Landwirtschaft, wirken ausgleichend auf die grundlegenden Lebensmechanismen. – Vergleichbar mit einer Meditation. Das Meditieren schult das „Bei-sich-sein“ der Menschen; die dynamisierten Spritzpräparate wirken auf die Wachstumskräfte der Reben und bringen sie in Einklang.

Lebenszyklen der Reben
Wachstum und Reife sollen im richtigen Verhältnis zueinanderstehen. Beide sind gleich wichtig, jeweils im adäquaten Ausmaß und zum passenden Zeitpunkt.
Im Rhythmus des Jahres und unter dem Einfluss der Kräfte des Mondes und der Planeten geht die Rebe vom Wachsen im Frühjahr ins Reifen im Herbst über. Je kontinuierlicher diese Übergänge stattfinden, umso gefestigter ist das Immunsystem unserer Reben und umso besser verläuft der Reifeprozess.

Alt aber gut
Das Alter der Reben ist nicht unerheblich für die Qualität. Alte Reben kommen mit allen Situationen des Jahres besser zu recht. Sie überstehen Trockenphasen ohne Stress und explodieren bei anhaltender Nässe nicht in überschwängliches Wachstum. Mit ihren tiefgehenden Wurzeln und dem massiven Altholz können sie Extreme kompensieren und bleiben im Rhythmus. Sie sind also unempfindlicher und produzieren zwar weniger, dafür aber feinere Qualität.

Wann ist eine Rebe alt?
Ab wann kann man von alten Reben sprechen? Viele Faktoren spielen dabei eine Rolle, vor allem: Wie gut ist der Weinberg in Schuss? Vitalität und Ausgeglichenheit müssen in Balance sein, ohne das Eine ist das Andere nicht viel wert.
In Manincor denken wir, dass Reben bei optimaler Pflege ab 25 Jahren die Eigenschaften alter Reben zeigen können, in der Regel aber erst ab 30 Jahren.

Glanzvoll im Alter
Wenn die Rebe mit 25 bis 30 Jahren richtig tief verwurzelt ist, fängt die beste Zeit des Weinberges erst an. Wachsen und Reifen werden von Jahr zu Jahr rhythmischer und stabiler.
Dermaßen intakte Reben können bis ins hohe Alter von bis zu 100 Jahren prächtige Qualität schenken. Die Menge wird dabei stetig kleiner werden und von anfänglich eineinhalb Kilo je Stock auf ein knappes halbes Kilo sinken. Die einzigartige Kostbarkeit eines solchen Tropfens entschädigt reichlich dafür. Weine aus solchen Weinbergen sind nicht nur gut im herkömmlichen Sinn, sie zeigen geschmacklich erlebbar den Charakter der gesamten landwirtschaftlichen Individualität: das Zusammenwirken von Rebstock und Boden, Klima, Pflanzen und Tierwelt, Jahrgang und Winzer.
Unsere Weingärten kommen jetzt in ihr bestes Alter. Die Weingärten für unsere exklusive Krone-Linie sind 30 und mehr Jahre alt, die Lagen mit den Trauben für unsere Herz-Weine über 20 Jahre. Kaum ein Weinbergmehr ist unter 10 Jahren.
Wir tun alles dafür, dass uns diese Rebanlagen noch viele Jahrzehnte erhalten bleiben und uns mehr und mehr große Weine schenken.

Unbeschwerte Rebenkindheit
Damit Reben überhaupt in vitalem Zustand in ein hohes Alter kommen, braucht es akkurate Pflege in allen Details. Besonders die ersten Jahre sind prägend. Nur wenn man in den ersten drei Jahren auf Ertrag verzichtet und diesen dann langsam steigert, wird das Wurzelwachstum ausreichend angeregt, um die Basis für Lebenskraft im Alter zu legen.
Genauso wichtig ist der Rebschnitt. Wir vermeiden große Schnittwunden absolut, um Parasiten und Schädlingen kaum Eintrittspforten zu bieten.

Zauberwort Vitalität
Es sind viele kleine Schritte, die die Vitalität unterstützen und erhalten. Bei uns Menschen sind eine gesunde, maßvolle Ernährung, ausreichend Bewegung und ein rhythmischer Lebenswandel mit ausreichend Erholung die Basis für eine langanhaltende Gesundheit. Bei der Rebe sind es über die Jahre tief gehende Wurzeln in lebendiger Erde, Biodiversität im und um den Weinberg, ein wundarmer Stock und ein moderater Ertrag.

Individuelle Rebenbetreuung
Der Weg zur Qualität ist jedoch noch komplexer, denn ein Weinberg ist kein einheitlicher Organismus, sondern besteht aus tausenden eigenständigen Einzelreben. Auf einem Hektar stehen zirka 6.000 Rebstöcke, also bei uns insgesamt etwa 270.000 Stück.
Jeder einzelne Rebstock braucht eine individuelle Betreuung. Der Rebschnitt ist seiner Wuchssituation angepasst, genauso wie die Anzahl der Triebe und der Trauben. Bei der Lese sollten alle Trauben exzellenten Geschmack geben.
Dazu kommen Unwägbarkeiten wie Wind und Wetter. In diesem komplexen Umfeld ist es die große Herausforderung, unsere Weingärten zum Zeitpunkt der Ernte in den gewünschten homogenen Zustand zu bringen.

Reife Trauben
Ziel aller Bemühungen ist die physiologisch reife Frucht, in der alle Inhaltsstoffe im richtigen Verhältnis zueinanderstehen. Reif heißt nicht mehr grün, aber auch nicht überreif. Nicht die raffinierteste Analyse, nur das Verkosten kann den optimalen Zeitpunkt der Lese bestimmen.

Perfektion im Weinberg
… gibt es nicht. Wir müssen bei der Lese akribisch jede Beere, die nicht unseren Vorstellungen entspricht, entfernen. In Topjahren picken wir nur die eine oder andere Beere heraus. In schwierigen Jahren mit Wetterkapriolen oder sogar Hagel kann es sein, dass bei jeder Traube 10 oder mehr Beeren heraus gezupft werden müssen. Dann wird der Leseaufwand extrem, und es kommt vor, dass eine Person nicht mehr als 100 Kilo am Tag schafft.

Schluss
Unsere Weine sollen mehr sein als gut, sie sollen Manincor als landwirtschaftliche Persönlichkeit schmeckbar machen. Das gelingt, wenn die Rebe unsere ungeteilte Aufmerksamkeit und viel Zuwendung bekommt.

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